Mit den 97 Thesen prangerte Martin Luther das Ablasswesen an, wie Johann Tetzel es 1517 in Sachsen praktizierte: „Sobald der Gülden im Becken klingt, im huy die Seel im Himmel springt!“ Doch ein einzelner Missbrauch der Anrechnung von guten Taten rechtfertigt es kaum, deren Notwendigkeit insgesamt in Frage zu ziehen. Das kanonische Recht sah eigentlich nur mit der gebotenen Vorsicht vor, dass Reue zu Gnadenentscheidungen führen könne. Ab 1520 lernte man jedoch auch in Wittenberg, dass man auf die Bereitschaft der Bürger zu guten Taten nicht verzichten konnte. Recht und Gesetz zur Anleitung der Bürger blieben juristisch und theologisch erforderlich. Trotz der Rechtfertigung allein durch Gnade musste die Notwendigkeit guter Werke begründet werden. Ging die Reformation damit im Ansatz fehl?